Chronik der Kirmesgesellschaft

Beleuchtet von Walter Konstantin

 

Bereits um die Jahrhundertwende wurde in Ückerath die Kirmes abgehalten. Das Wort Kirmes ist als Nachfolge für die in früheren Zeiten abgehaltenen Kirchweihfeste entstanden. Da der Ortsteil Ückerath keine eigene Kirche besaß, wurde einem hier durchgeführten Dorffest der Name Kirmes gegeben. Es war Tradition, dass in der kleinen Kneipe Manese (wurde nach dem letzten Kriege abgerissen) die Wirtin Kuchenstücke an Frauen verteilte. In einem dieser Stücke war eine Bohne enthalten. Die Empfängerin dieses Stück Kuchens war die Bohnenkönigin.

 

Beim Maibaumsetzen im Jahre 1935 war man auf die Idee gekommen, in Ückerath ein eigenes Kirmesfest mit Musik und Tanz auf die Beine zu stellen. Man beratschlagte an der Esch (Eiche) am Bösch und auch am Dörpel (Türschwelle) von Kührlings Adolf an der Forsthausstraße. Bei der Gründung der Kirmesgesellschaft wurde Adolf Kührlings dann auch zum 1. Vorsitzenden gewählt. Ihm zur Seite standen Heinrich Giesen (2. Vorsitzender), Leo Vollmann (1. Kassierer), Wilhelm Patten (2. Kassierer) und Heinrich Kessel (Schriftführer). Der Urheber des Namens "Selde Blömche" war Wilhelm Patten, genannt Schümmel.

 

Das Tambourcorps "Eintracht" Ückerath spielte zur Kirmes kostenlos und dessen Mitglieder hatten freien Eintritt. Schausteller Klöß von Rosellerheide hatte seine Schiffschaukel aufgebaut und das Fest konnte beginnen. Ganz Ückerath, egal ob alt oder jung, war auf den Beinen (damals gab es noch die auto- und fernsehlose Zeit).

Ein altes Karrenrad mit Leiter und Galgen wurde beschafft und mit dem Hahnenköppen konnte begonnen werden.

Die Begeisterung für die Kirmes war so groß, dass sie für die folgenden Jahre ein fester Bestandteil wurde.

Leider mußten die  Vorbereitungen für das 5. Kirmesfest am 1. September 1939 durch den Kriegszustand abgebrochen werden.

 

Nach dem Krieg gab es wieder einige beherzte Männer, unter Ihnen der seit 1938 amtierende Hahnenkönig Georg Rütten, die im Jahre 1946 die Durchführung der Kirmes in Angriff nahmen. Auf Anhieb war die Begeisterung wieder voll da. Vor allem die jüngere Generation hatte durch die düsteren Kriegsjahre viel Nachholbedarf fürs Tanzvergnügen. Die Nachkriegsjahre sind als Knolli-Brandy-Zeit in die Geschichte eingegangen. Den Vorsitz während dieser Zeit hatte Johann Hermes, der 1954 von Georg Rütten abgelöst wurde. Während die Schwestergesellschaft in Nievenheim in den Fünfziger Jahren die Kirmesfeierlichkeiten einstellte, stand in Ückerath das Hahnenköppen weiterhin fest auf dem Programm.

 

Um die Jugendlichen des Ortes mehr an die Kirmesgesellschaft anzubinden, schuf man den Junghahnenkönig. 1958 übernahm Josef Schnee den Vorsitz der Gesellschaft und gab ihn 1964 an Hans Bausch weiter. Ein verjüngter Vorstand schuf durch Werbung neuer Mitglieder und Spendeneinnahmen eine solide Basis für den Verein. Das Ausmaß und der Ablauf der Kirmes wurden geändert. Begonnen wurde am Samstagabend mit dem Erwachen des Zachäus und anschließendem Fackelzug, in dem auch einige Großfackeln vertreten waren. Die Bestückung der Kirmes mit einem Karussell und die Einführung der Kinderbelustigung am Montag sowie der Aufbau verschiedener Fahrgeschäfte folgte.

Im Jahre 1979 wurde die Kirmesgesellschaft als eingetragener Verein ins Vereinsregister eingetragen. Bei der Wahl des Vorstandes im Jahre 1981 wurde die Arbeit des 1. Vorsitzenden aufgeteilt. Demnach wurde ein zusätzlicher Präsident gewählt, der die Belange der Gesellschaft extern vertrat. Folglich gab Hans Bausch den Vorsitz an Franz-Josef Burghartz weiter und war seither Präsident. Im Dezember 1984 wurde Konrad Vogel zum Vorsitzenden gewählt. der aber Ende 1986 im Alter von 54 Jahren zu früh verstarb. Bedingt dadurch mußte im Frühjar 1987 vorzeitig eine Neuwahl anberaumt werden. Bei dieser Neuwahl übernahm Adi Helpertz das Amt des 1. Vorsitzenden.

 

Weitere Mitglieder, die sich um die finanziellen und schriftlichen Belange des Vereins uneigennützig besonders verdient gemacht haben, dürfen besonders erwähnt werden: einmal ist es Arthur Riedel, der von 1946 bis 1964 die Kassengeschäfte führte; zum anderen Jakob Vogel, der in den Jahren 1965 bis 1984 die Verantwortung als Schatzmeister trug. Als Schriftführer war bis 1961 Heinrich Kessel zuständig und von 1962 bis 1993 wurde diese Tätigkeit von Walter Konstantin wahrgenommen.

 

Im Jahre 1985 konnte die Kirmesgesellschaft ihr 50jähriges Bestehen feiern. Dabei war es der Wunsch des damaligen 2. Vorsitzenden Peter Hartmann Senior die Gesellschaft mit einer Standarte auszustatten. Leider konnte er die Übernahme und Weihung zum Jubiläum nicht mehr erleben. Der Vorsitzende Konrad Vogel konnte 12 Mitglieder aus dem Gründungsjahr für ihre langjährige Mitgliedschaft ehren. Außerdem wurden 41 Mitglieder für ihre 25jährige Mitgliedschaft mit Urkunden ausgezeichnet

 

Nach über 25jähriger Tätigkeit verstarb Anfang 1989 Hans Bausch. Ihm zu Ehren wurde der "Hans-Bausch-Gedächtnisteller" von der Kirmesgesellschaft gestiftet, der in unregelmäßigen Abständen an verdiente Mitglieder verliehen wird. Bisher wurde diese Ehre Walter Konstantin, Adi Helpertz, Peter Hartmann und Manfred Fiedler zuteil.

Das Hahnenköppen zur Kirmes hat in vielen Jahren immer wieder Anlaß zur Kritik gegeben. Ob in Presseberichten oder auch durch das anwesende Publikum wurde das Köpfen schon getöteter Hähne als unästhetisch empfunden. Der Vorstand hat nach anderen Möglichkeiten des Hahnenköppens gesucht und so werden seit 1992 nur noch Hähne aus Stoff an den Galgen gebunden und so das Hahnenköppen in althergebrachter Weise sichergestellt. Diese Hähne werden liebevoll von den Frauen der Vorstandsmitglieder in Handarbeit hergestellt.

Die Kirmesgesellschaft ist außerdem Träger der Dorfgemeinschaft. In den letzten Jahren übernahm die Kirmesgesellschaft das Ausschmücken des Tannenbaums zur Weihnachtszeit von der Stadt Dormagen, die diesen Brauch aus Sparzwängen einstellen wollte. Daraus ist jeweils vor dem ersten Advent ein fröhliches Treffen entstanden, das sich immer regerem Zuspruch erfreut.

Zwischenzeitlich wurde am Selde-Blömche-Platz in Ückerath im Jahre 2000 der von den Mitgliedern des Vereins geschaffene Ständebaum errichtet und das Tannenbaumsetzen inklusiv des Aufbaus einer Krippe mit lebensgroßen Figuren findet nun in unmittelbarer Nähe statt.

Im Jahre 2008 wurde der Kirmesplatz von den Mitgliedern des Vereins neu gestaltet. Ca. 1000 Quadratmeter Fläche wurden bereinigt und gepflastert, eine Boccia-Bahn soll allen Bürgern unseres Ortes zum Verweilen einladen.

Auf diese Art und Weise sind die Mitglieder des Vereins ständig bemüht, das Leben in unserer Gemeinde lebenswerter, schöner und fröhlicher zu gestalten.

 

Im Jahre 2010 feierten wir unser 75jähriges Jubiläum. Die Feierlichkeiten wurden auf das ganze Jahr verteilt. Beim Maibaum setzen wurde der neu gestaltete Platz durch unseren Pastor Klaus Koltermann eingeweiht. Auf dem Kirmesfest hatten wir viele Gäste eingeladen die unseren Fackelzug begleiteten.